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Mein Weltbild wird zertrümmert!

EPISODE 2 überarbeitet (2017)

Wie Menschen mit Fehlern umgehen, ist meines Erachtens hochinteressant. „Irren ist menschlich“, sagt der sanfte Diplomat, „Jeder macht einmal Fehler“, meint der verträumte Pseudo-Philosoph, „Ich kann es ohnehin nicht mehr ändern“, jammert der realistische Pragmatiker, „Aus Fehlern lernen wir“ und „Beim nächsten Mal mache ich es bestimmt besser“, denkt der Optimist. Wie ein rationaler Konfuser mit einer solchen Situation umgeht, ist hingegen kaum bekannt. Die Antwort naht in der folgenden Kurzanekdote.

© Sebo Klein, 2017

Neulich erwähnte ich in einer heiteren Konversation über Lehrer und deren Eigenarten auf dem Schulhof etwas wie: „Das Lachen unserer Lehrerin ist kaum ertragsam.“ Alle Beteiligten starrten mich daraufhin verstört an. Ich – bass erstaunt über diese Reaktion – blickte fragend in die Runde, bis mich jemand zweifelnd fragte: „Ertragsam? Gibt es das Wort?“

Ich, von der Korrektheit meiner Wortwahl absolut überzeugt, bejahte diese Frage selbstsicher, blätterte etwas später im Klassenraum zielstrebig und innerlich triumphierend in einem Wörterbuch – fand den Begriff jedoch nicht. Ein stiller Schock durchdrang meinen Körper. Den gesamten Schultag sollte mich dieses lächerlich kleine Wort noch beschäftigen. Nach dem Unterricht schaute ich – psychisch aufgewühlt und einem Nervenzusammenbruch nahe – zu Hause angestrengt im Internet nach „ertragsam“, musste jedoch schließlich feststellen, dass ich selbst dort keine seriösen Ergebnisse fand.

Es war also offiziell: Ich, Sebo Klein, meines Zeichens rationaler Konfuser und Sprachpurist, hegte mein gesamtes Leben lang einen nicht existenten Begriff in meiner Lexik! Welch ein Skandal, welch eine Torheit! Das Wort „ertragsam“ gibt es nicht! Und ich Rüpel verbreitete es zu allem Überflusse auch noch stolzen Hauptes in der Öffentlichkeit. Ich bin eben eine Ausgeburt der Hölle, ein Werk des Teufels, ein Kind der Dämonen. Aber das ist im Gegensatz zu meinem Fauxpas gewissermaßen erträglich.

Somit gelangen wir ans Ende dieser Kurzanekdote. Mit ihr füge ich meinem Blog eine neue Rubrik hinzu. Darin werde ich zukünftig in wenigen Sätzen auf weniger wichtige, beinahe marginale Themen eingehen, die mich dennoch beschäftigen. Diese Texte unterscheiden sich demnach stark von den gewöhnlichen wöchentlichen Beiträgen und werden nur aus aktuellem Anlass oder bei Bedarf – also in unregelmäßigen Abständen – eingepflegt. In der nächsten Kurzanekdote „Das Wunder der Technik“ widme ich mich einem ärgerlichen Vorfall mit meinem privaten Klapprechner.

Bis dahin:

Auf baldiges Wiedersehen

SEBO KLEIN

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