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Entgegen der Einbahnstraße

EPISODE 1 überarbeitet (2017)

Der Norm entsprechend; vorschriftsmäßig; so beschaffen oder geartet, wie es sich die allgemeine Meinung als das Übliche, Richtige vorstellt: So lautet die Definition des kleinen Wortes „normal“ laut Duden. Wie ich dazu stehe, welche Meinung ich diesbezüglich vertrete und welche kleinen Alltagssituationen die Augen öffnen können, wird in diesem ersten Blog-Beitrag thematisiert. Eine Nachdenkrunde über Normalität und Menschen, die ebendiese verabscheuen.

Starten möchte ich in diesen Text, indem ich selbst den Begriff „Normalität“ definiere. Normal heißt für mich, so zu sein, zu handeln und zu denken, wie es ein prozentualer Großteil Anderer in einer Kultur ebenfalls tut.

Entspricht etwas nicht der Normalität, wird es in der Gesellschaft zumeist kritisch als anormal oder anders, bisweilen als konfus abgestempelt. Einige wenige sind gar der Meinung, dass alles, was nicht in diese unhinterfragte Norm passt, ungewöhnlich und dementsprechend gleich schlecht sei. Dabei sind es doch gerade diese „anderen“ Menschen, die unseren Alltag bereichern.

Anders sein – das heißt, nicht dem Massenwahn zu folgen, nicht einer von vielen grauen Punkten zu sein, sondern Farbe zu bekennen, sich so zu zeigen, wie man ist. Seine spezielle Art oder seinen seltsamen Charakter nicht hinter Scheinheiligkeiten zu verbergen, sondern immo* zu präsentieren, zu demonstrieren (und evtl. einen Blog darüber zu schreiben). Anders sein heißt gesellschaftliche Konventionen und Normen zu sprengen, diese Gesellschaft fröhlich gegen den Strich zu bürsten, ohne Enge und Zwänge leben zu können. Anders sein heißt letztlich frei zu sein.

Wir leben in keiner Welt, in der alle stumpfsinnig im Hauptstrom mitschwimmen müssen, in der alle der einen einzigen Einbahnstraße folgen. Es gib immer solche, die sich von der Gruppe lösen, von der Straße abzweigen und sich ihren eigenen Weg bahnen, aber genau das macht uns doch so vielfältig. Kann denn irgendjemand eine „normale“ Welt fordern und dabei billigend in Kauf nehmen, in Langeweile und Trübsinn förmlich zu ertrinken? Diese von der Gesellschaft als „anormal“ Deklarierten sind eine Bereicherung, vielleicht sogar eine Rettung!

Neulich habe ich auf der frühmorgentlichen Busfahrt zur Schule eine interessante Entdeckung gemacht, die ich in der folgenden kurzen Anekdote zu schildern vermag:

Sieben Uhr. Ich stehe – wie immer – schwitzend im vollkommen überfüllten und schlecht klimatisierten Bus. Durch Kurven und die drückende Menschenmasse mache ich gelegentlich Bekanntschaft mit einem Mülleimer. In solchen Momenten frage ich mich, wer in diesen verdammten Behälter Pizzareste und andere organische Lebensmittel wirft; und warum der Busfahrer ebendiese Verderblichkeiten nur wöchentlich entsorgt. Den Geruch, den dieser Müll absondert, ist wahrscheinlich vorstellbar. Zweimal schon hatte der Reifen während der Fahrt auf wundersame Weise zu brennen begonnen. Doch selbst das roch appetitlicher als dieser Eimer.

Worauf ich eigentlich hinaus möchte sind nicht die skandalösen Bedingungen in öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern eine Horde nervtötender Fünftklässler. Die unterhielten sich, spielend mit ihren Smartphones, lautstark über Themata, an die ich in diesem Alter nicht in den tollkühnsten Träumen gedacht hätte. Sie krakeelten so geräuschintensiv, dass jedes Wort durch den gesamten Bus schallte und sich zahlreiche Gäste gestört umsahen. Neben ihnen stand ein einzelner Junge – ganz still. Er las in den letzten Kapiteln eines 500-Seiten-Buchs. Er stand dort – alleine – während die anderen lachten und „zockten“.

Was soll uns diese abschließende Geschichte nun vermitteln? Nur wenige Menschen können während der Fahrt lesen? Nein! Sie zeigt, dass normal nicht immer gleich gut oder löblich ist. Aber dazu kann sich jeder seine eigenen Gedanken machen.

Somit gelangen wir ans Ende dieses Beitrags. Nachdem viele aus meinem Umfeld diesen Blog lobten, stand ich unter Druck, einen guten Starteintrag zu verfassen. Ich hoffe inständig, dass mir ebendas gelungen ist und ich mit diesem Text einige Menschen erreicht habe. In der nächsten Episode „Ein Konfuser auf der Kirmes“ berichte ich – weniger ernsthaft – von meinem verstörenden Besuch eines großen Volksfestes.

Bis dahin:

Auf baldiges Wiedersehen

SEBO KLEIN

* lat.: im Gegenteil, sogar

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